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Abiturnoten aus einzelnen Bundesländern nur bedingt vergleichbar

Unabhängig davon, welche Meinung man vom System der Studienplatzvergabe per Numerus Clausus hat, grundsätzlich klingt die Idee doch gut: Wenn viele Studienplätze möglichst kostengünstig vergeben werden sollen, sucht man sich ein leicht zugängliches und möglichst objektives Kriterium (wie die Durchschnittsnote im Abitur) aus und vergibt die Studienplätze danach. Leider ist dies in der Praxis nicht so gerecht, wie es sich in der Theorie anhört.

Denn nach einer Statistik der Kultusminister klafft die Verteilung der Abiturnoten in den einzelnen Bundesländern weit auseinander. Ein Beispiel: Von 100 Schülern, die im Jahr 2013 an einem Gymnasium in Niedersachsen ihr Abitur ablegten, hatten durchschnittlich knapp 16 eine Abinote mit einem Schnitt 1,x. Im Vergleich dazu erreichten von 100 Abiturienten aus dem benachbarten Bundesland Thüringen mehr als doppelt so viele ein Abitur mit einem Einser-Schnitt, nämlich fast 38.

Ungerechtigkeiten bei der Studienplatzvergabe

Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland In einzelnen Bundesländern sind die Noten im Abitur deutlich besser

Für die Bewerbungsverfahren bei bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen wie Medizin hat dies grundsätzlich erst einmal keine Bedeutung, denn für diese Studiengänge werden je nach Bundesland, in dem ein Bewerber sein Abitur gemacht hat, unterschiedliche NC-Werte errechnet. Anders sieht dies aber bei den von den Hochschulen individuell vergebenen Studienplätzen aus, wenn Bewerber aus einem Bundesland mit einem „leichten“ Abitur zum Studieren in ein Bundesland mit einem „schweren“ Abitur wechseln.
Greift man den Vergleich Niedersachen/Thüringen wieder auf, haben Abiturienten aus Thüringen, die in Niedersachsen studieren wollen, gegenüber den potentiellen Studienanfängern aus Niedersachsen einen deutlichen Vorteil bei der Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen. Durch den hohen Anteil der Abiturienten mit einem Einser-Schnitt zieht nämlich auch die Durchschnittsnote im Abitur deutlich an: so hatten Abiturienten aus Niedersachsen eine durchschnittliche Abiturnote von 2,61 – in Thüringen fiel diese mit 2,17 fast eine halbe Note besser aus. Gerade in begehrten Studiengängen mit einem hohen Numerus Clausus können Abiturienten aus Thüringen so bei diesem bestehendem Unterschied viel leichter an einen Studienplatz gelangen als ihre Konkurrenten aus Niedersachsen.

Einige Bundesländer, nämlich Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein haben diese Problematik erkannt und versuchen mit einheitlichen Abituraufgaben in einigen Fächern (Mathematik, Deutsch und Englisch) entgegenzusteuern – ob dies die Abiturnoten in den Bundesländern deutlich vergleichbarer macht, muss aber bezweifelt werden, da sich die Abiturnote ja auch aus zahlreichen Zeugnisnoten der Oberstufe zusammensetzt.

Häufigkeit von Abiturienten mit einem Einser-Schnitt nach Bundesland

Im Jahr 2013 erreichten von 100 Abiturienten einen Schnitt besser als 2,0:

  • in Bayern: 27,3
  • in Berlin: 23,4
  • in Brandenburg: 26,1
  • in Bremen: 23,1
  • in Baden-Württemberg: 22,5
  • in Hamburg: 23,1
  • in Hessen: 25,5
  • in Mecklenburg-Vorpommern: 25,3
  • in Niedersachsen: 15,6
  • in Nordrhein-Westfalen: 24,0
  • in Rheinland-Pfalz: 18,5
  • in Sachsen: 26,6
  • in Sachsen-Anhalt: 23,1
  • im Saarland: 23,6
  • in Schleswig-Holstein: 17,6
  • in Thüringen: 37,8

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