Auch wenn der Begriff „Ärztemangel“ in einigen Regionen Deutschlands keine düstere Zukunftsvorhersage sondern bereits Realität ist: der Zugang zum Medizinstudium ist immer noch mit hohen Hürden versehen: So liegt der Numerus Clausus im Wintersemester bei der Auswahl nach dem Durchschnitt im Abitur je nach Bundesland meist zwischen 1,0 und 1,21. Und auch im hochschuleigenen Auswahlverfahren (AdH), in dem immerhin 60% der Studienplätze vergeben werden, müssen die Bewerber im Abitur einen Schnitt zwischen 1,2 und 1,72 erreicht haben. Welche Alternativen haben Abiturienten, die nicht über ein so gutes Abitur verfügen und ohne Numerus Clausus Medizin studieren wollen?
Die Stiftung für Hochschulzulassung (früher: ZVS) vergibt 20% der Studienplätze in jedem Semester an die Bewerber, die die meisten Wartesemester gesammelt haben.
Im Wintersemester 2009 hatte der letzte zugelassene Bewerber bereits zehn Wartesemester gesammelt – und dabei einen Abiturdurchschnitt von 2,23. Das heißt übersetzt: wer einen Schnitt von 2,3 und höher hatte, benötigte mindestens elf Wartesemester und musste also fünfeinhalb Jahre auf einen Studienplatz warten.
Wer seine Lebensplanung darauf ausrichtet, beim Beginn des Studium z. B. bereits 25 Jahre alt zu sein, hat über die Wartezeitquote eine sichere Möglichkeit zum Studienplatz in Medizin – er muss nur eine unbestimmte Zeit warten können, da auch die Anzahl der notwendigen Wartesemester in jedem Bewerbungsverfahren neu zwischen Angebot (den freien Studienplätzen) und Nachfrage (Bewerbungen von Studienanfängern) ermittelt wird.
Um die Zeit zwischen Abitur und Studienbeginn zu überbrücken, wird häufig Berufserfahrung im medizinischen Bereich gesammelt, z. B. durch eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger (früher: Krankenschwester / Krankenpfleger) oder zum Rettungssanitäter. Zudem bieten diese Ausbildungen auch die Möglichkeit im Studium zu jobben.
Die private Universität Witten-Herdecke bietet Medizin in einem Modell-Studiengang an, in dem angehende Ärzte bereits früh mit der späteren Tätigkeit in Kontakt gebracht werden. Im Gegensatz zu den staatlichen Universitäten kann man in Witten-Herdecke Humanmedizin ohne Numerus Clausus studieren, muss dafür aber in der Bewerbung und einem Bewerbungsgespräch überzeugen. Zudem fallen für das Studium Kosten in Höhe von 41.040 Euro an5, die aber auch über einen Kredit (und damit erst nach dem Ende Studiums) bezahlt werden können.
Der hohe Numerus Clausus in Deutschland hat dazu geführt, dass immer mehr Abiturienten, die Medizin studieren wollen, ihr Studium im Ausland absolvieren. Ergebnis dieses Prozesses ist, dass in beliebten Ländern wie Österreich Aufnahmetests eingeführt wurden, um die hohen Bewerberzahlen bearbeiten zu können. Zudem existieren Quoten, nach denen die Studienplätze für ausländische Studenten vergeben werden – ein Zugang zum Medizinstudium ist also auch hier nicht garantiert.
Aber auch im nicht-deutschsprachigen Ausland gibt es Alternativen: So bieten mehrere Universitäten in Ungarn ein Medizinstudium in deutscher Sprache an, das in Deutschland abgeschlossen wird. Allerdings gibt es auch hier einen Haken: Denn für das Studium werden Studiengebühren von insgesamt 80.000 Euro fällig4.
Wer aber über ausreichende Kenntnisse in Ungarisch hat, kann sein Studium auch in Ungarn abschliessen und dabei Geld sparen – allerdings liegen die Studiengebühren dann mit 5.900 Euro pro Semester (z. B. an der Semmelweis Universität in Budapest6) noch immer deutlich über dem deutschen Niveau. Quellen